Regisseurin Kaouther Ban Hania erhält für ihren Film „Olfas Töchter“ phoenix Preis 2023
Mit der Auszeichnung für die Regisseurin Kaouther Ben Hania geht der phoenix Preis erstmalig nach Tunesien. Im Rahmen des Film Festival Cologne ehrt phoenix, der Ereignis- und Dokumentationskanal, zum 16. Mal herausragende Leistungen von Filmschaffenden. In ihrem Film „Olfas Töchter“ (engl. „Four Daughters“) erzählt die Regisseurin die Geschichte der Mutter Olfa Hamrouni, die ihre vier Töchter alleine großziehen muss, bis ihre zwei ältesten Töchter sich radikalisieren, um sich in Libyen der Terrororganisation „Islamischer Staat“ anschließen.
Als Olfa Hamrouni sich nach der Ausreise ihrer Töchter an die tunesischen Medien wendet und ihre Geschichte öffentlich macht, wird die Filmemacherin Kaouther Ben Hania auf sie aufmerksam. Sie nimmt Kontakt zu der Mutter und ihren beiden jüngsten Töchtern auf und beginnt nicht nur die Geschichte der Familie zu dokumentieren, sondern diese auch gemeinsam mit den Protagonistinnen filmisch nachzuerzählen. Die Rollen der fehlenden Familienmitglieder, der Töchter Rahma und Ghofrane Chikhaoui, werden dabei von Schauspielerinnen übernommen.
Mit ihrer experimentellen Art der Dokumentation zeigt Kaouther Ben Hania eine Familientragödie, bei der sich nicht-fiktionale und fiktionale Elemente vermischen. Dadurch überschreitet der Film die Grenzen des dokumentarischen Erzählens, so phoenix-Programmgeschäftsführerin Michaela Kolster bei der Preisverleihung in Köln. „Die gestellten Szenen sind in einem sehr filmischen, visuellen Stil gedreht, und alle Frauen auf der Leinwand erzeugen bei den Betrachtenden große Empathie.“
So diskutieren die realen Schwestern in einigen Szenen mit den professionellen Schauspielerinnen und erzählen realistische Situationen filmisch nach. Die Authentizität, die Dramatik, die Emotionen – sie sind nicht gespielt. Besonders deutlich wird das auch in herausfordernden und belastenden Szenen, in denen Mutter Olfa ihre Rolle ebenfalls mit einer professionellen Schauspielerin tauscht. Am Ende steht die Verfilmung einer nicht enden wollenden Suche nach Antworten: Wie haben sich Rahma und Ghofrane radikalisiert? Warum sind sie nach Libyen aufgebrochen?
Michaela Kolster: „Um dem Verständnis der Radikalisierung näher zu kommen, bietet dieser Film sehr offene Einblicke und eine sehr intensive Selbsterforschung einer Familie, die eine solch traumatische Erfahrung durchlebt hat. Gleichzeitig werden einige ihrer Diskussionen darüber, wie man Kinder erzieht, oder einige Hoffnungen oder Gedanken der Rebellion von Jugendlichen vielen anderen Familien mit Teenagern sehr vertraut vorkommen.“
So lenkten die sensibel ästhetisch komponierten Bilder und die damit verbundenen Emotionen die Zuschauer:innen schließlich nicht von der Suche nach Antworten ab, sondern wecken Aufmerksamkeit, um tiefergehende Lösungsansätzen zu diesem Thema zu finden.
Der halbdokumentarische Film „Olfas Töchter“, der unter dem Originaltitel „Les filles d’Olfa“ beim Festival de Cannes 2023 uraufgeführt und nominiert wurde, ist mehrfach ausgezeichnet worden.
Den phoenix preis 2023 nehmen heute Abend (26.10.2023) Olfa Hamrouni und ihre beiden Töchter Eya und Tayssir Chikhaoui bei den Film Festival Cologne Awards persönlich entgegen. Der Dokumentarfilm-Preis des Bonner Ereignis – und Dokumentationssenders ist mit 10.000 EUR dotiert. Der Film kommt am 18. Januar 2024 in die deutschen Kinos.
Quelle: Phoenix Pressemeldung